Amazon, du kleiner Feigling

Amazon knickt vor dem politischen Druck der Trump-Regierung ein

Amazons jüngstes Verhalten im Umgang mit Trumps China-Zöllen zeigt beispielhaft, wie stark sich US-amerikanische Tech-Konzerne den politischen Machtspielen der Trump-Regierung unterwerfen.

Kehrtwende bei der Ausweisung von Zollgebühren

Eine Meldung von Punchbowl News (Achtung Paywall) sorgte kürzlich für Aufmerksamkeit: Dem Artikel zufolge hatte Amazon angekündigt, die neuen Zölle der Trump-Regierung auf Importe aus China künftig als solche in seinen Produktpreisen auszuweisen. Ein politisches Statement. Und ein wichtiger Schritt hin zu Preistransparenz. Doch das Unternehmen ruderte schnell wieder zurück, nachdem sich White House Pressesprecherin Karoline Leavitt umgehend einschaltete und das angebliche Vorhaben Amazons als „feindlichen und politischen Akt“ bezeichnete. Und Präsident Trump Jeff Bezos persönlich anrief, woraufhin dieser „das Problem sehr schnell löste“, wie Trump in einem CNBC-Bericht zitiert wird. Amazon reagierte tatsachlich prompt: Tim Doyle, Sprecher des Unternehmens, stellte klar, dass die Idee zwar intern diskutiert worden sei, aber nie eine offizielle Entscheidung oder Freigabe erhalten habe.

Ein Fingerschnipp von Donald Trump reichte offensichtlich, um Amazon einzunorden. Da stellt sich doch die Frage: Warum knickt Bezos derartig ein? Was motiviert dessen augenscheinliche Verbrüderung mit Trump? Diese zeigt sich nicht zuletzt darin, dass Bezos Trumps Amtseinführung im Januar beiwohnte und zusammen mit Meta-Chef Mark Zuckerberg, Apples CEO Tim Cook und Google-Chef Sundar Pichai feierte. Allein die Tatsache, dass die Chefs der größten Tech-Konzerne als geladene Gäste derart Flagge zeigen, scheint aus demokratischer Sicht mehr als fragwürdig.

Trumps Fingerschnipp kommt Seller und Vendoren teuer zu stehen

Die Kosten, die die horrenden Zollgebühren gegen China verursachen, werden nun also doch nicht explizit ausgewiesen. Stattdessen werden sie an Seller und Vendoren weitergereicht. Ist Amazon eigentlich bewusst, dass mehr als 50 % der Seller auf Amazon mittlerweile aus China stammen? (Natürlich ist es das!) Zudem verkaufen viele Seller und Vendoren Produkte, die – ganz oder teilweise – in China hergestellt und von dort importiert werden. Und für sie alle kommen die neuen Zölle teuer zu stehen:

  • Sellern bleibt nichts anderes übrig, als ihre Preise an die Zölle anpassen, um nicht selbst draufzuzahlen. Durch die Preiserhöhungen riskieren sie Sichtbarkeit, beispielsweise durch den Verlust der begehrten Buybox-Platzierung. Ein gravierender Wettbewerbsnachteil.
  • Vendoren geraten massiv unter Margendruck, weil Amazon trotz der Zölle gleichbleibende oder bessere EK-Konditionen fordert. Eine klassische “Friss-oder-Stirb”-Methode.

Amazon selbst meidet jegliche Konfrontation. CEO Andy Jassy ließ auf CNBC verlauten, dass Amazon „die Situation genau beobachte“ und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen werde. Konkrete Maßnahmen, um die Seller direkt zu entlasten, nannte er zwar nicht. Allerdings gab es Meldungen von Sellern, die tatsächlich die Buybox verloren und dann wieder „auf unerklärliche Weise“ zurückerlangt hatten (siehe z. B. Artikel auf Fortune.com)

Es ist kein Wunder, dass Jassy sich bedeckt hält. Formell steht er als CEO an der Spitze von Amazon, doch es ist kein Geheimnis, dass Bezos im Hintergrund die Fäden in der Hand hält. Und dessen Teilnahme an Trumps Amtseinführung war sicherlich kein Zufall: Präsenz zeigen. Gute Miene machen. Machtnetzwerke pflegen. Und das Spielfeld ja nicht der Konkurrenz überlassen. Leider nur verliert er damit seine Glaubwürdigkeit, wie unter anderem The Verge feststellt.

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Trump versteht es wie kaum jemand, wirtschaftlichen Druck mit politischer Machtdemonstration zu verknüpfen. Zölle, Drohungen und gezielte öffentliche Angriffe machen selbst Unternehmen wie Amazon verwundbar. Widerstand könnte nicht nur wirtschaftliche Folgen haben, sondern auch politische Repressalien nach sich ziehen, die sich bei Trump nur schwer kalkulieren lassen. Bezos weiß das und spielt die Spielchen längst perfekt mit (s. Politico.com).

Lieber opportunistisch lächeln als offen Zähne zeigen 

Amazon verfolgt seine eigenen Interessen. Oder besser: die von Jeff Bezos. Die Interessen von Vendoren, Sellern und Verbraucher:innen bleiben dabei auf der Strecke. Und sie sind es, die die Kosten dafür tragen. Transparenz und Fairness im Wettbewerb bleiben eben auf der Strecke, wenn sie mit politischen Risiken verbunden sind. Lieber opportunistisch lächeln als offen Zähne zeigen. Oder Rückgrat. Das aber wirft zentrale Fragen auf: Wie unabhängig sind die großen Tech-Konzerne noch, wenn sie derartig kuschen? Welche Rolle spielt persönlicher Einfluss? Und wie robust kann ein Markt sein, wenn selbst die größten Akteure dem Druck der Politik nachgeben und jeglichen Widerstand scheuen?

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