Warum Amazon das Geschäft mit Eigenmarken in den USA reduziert

Amazon Eigenmarken
Eigenmarke Amazon Basics

Amazon plant, sein Angebot an Eigenmarkenprodukten auf dem US-Markt stark zu reduzieren, wie das Wall Street Journal (WSJ) kürzlich berichtete. Das WSJ beruft sich dabei auf Insider-Informationen, denen zufolge das Unternehmen sogar in Erwägung gezogen habe, das Eigenmarken-Geschäft komplett aufzulösen. Dies wurde jedoch in einer Stellungnahme eines Firmensprechers dementiert.

Sinkende Verkaufszahlen und Druck der US-Behörden

Weshalb Amazon sein Private-Label-Business reduziert, darüber wird bislang nur spekuliert, jedoch zeichnen Beobachter neben sinkenden Verkaufszahlen der Eigenmarkenprodukte vor allem den wachsenden Druck der US-Aufsichtsbehörden dafür verantwortlich: Amazon steht nicht erst seit gestern unter Beobachtung der US-Behörden, die den Online-Riesen verdächtigen, seine Stellung als primärer Online-Marktplatz auszunutzen. Konkret wird Amazon vorgeworfen, die Daten seiner Marktplatzhändler zum eigenen Wettbewerbsvorteil auszuspionieren und mit den gewonnenen Informationen eigene Marken zu entwickeln.

Zum Vorwurf des Datenmissbrauchs der Amazon-Seller kommt weitere Kritik hinzu: Amazon soll seine Suchmaschinen gezielt für seine eigenen Produkte optimieren, damit diese schneller als die Produkte anderer Händler gefunden werden. Das ist besonders ärgerlich und zum Nachteil derjenigen Anbieter, die für Top-Platzierungen bei der Amazon-Suche zwischen 10% und 30% ihres Umsatzes an den Konzern bezahlen, während Amazon seinen Eigenmarken kostenfrei Top-Positionen sichert.

Eigenmarken als lukratives Geschäftsmodell

Das Geschäft mit Eigenmarken war bislang für Amazon äußerst lukrativ, weshalb es nicht verwunderlich ist, dass der Konzern sein Private-Label-Business in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut hat. Von ausgewiesenen Amazon-Produkten wie den Artikeln von „Amazon Basics“ bis hin zu Artikeln, die aufgrund ihrer eigenständigen Markennamen nicht auf den ersten Blick als Amazon-Produkt zu erkennen sind, gibt es mittlerweile unzählige Amazon-Artikel in den unterschiedlichsten Bereichen. Allein in der Mode verbirgt sich hinter zahlreichen Labels wie „find.“, „Truth & Fable“, „Daily Ritual“, „Aurique“ und „Meraki“ Kleidung für unterschiedlichste Anlässe von Amazon selbst.

Ende 2020 umfasste Amazons Private-Label-Business rund 45 Eigenmarken mit mehr als 243.000 Produkten. Der Verkauf von Eigenmarken verspricht Unternehmen wie Amazon in der Regel eine höhere Marge, gleichzeitig wird die Konkurrenz—in diesem Fall Marktplatzhändler— ausgestochen.

Wie geht es auf dem europäischen Markt weiter?

Dass Amazon sein Private-Label-Business nun reduziert, kommt daher sicherlich nicht von ungefähr. In der EU musste sich der Online-Riese bereits vor einigen Jahren ähnlichen Vorwürfen wie in den USA stellen: 2019 ermittelte die EU-Kommission gegen Amazon wegen des Verdachts, die Daten seiner Marktplatzanbieter zum eigenen Wettbewerbsvorteil zu missbrauchen. In Deutschland erwirkte das Bundeskartellamt nach einem 2018 geführten Missbrauchsverfahren eine Besserstellung der Marktplatzanbieter. Amazon sagte dabei eine Vielzahl an (übrigens weltweit gültigen) AGB-Änderungen zu, die für mehr Transparenz und faireren Wettbewerb auf seiner Online-Plattform sorgen sollen.

Werden die damals erwirkten Maßnahmen ausreichen oder wird Amazon das Eigenmarkenangebot auf den europäischen Marktplätzen früher oder später ebenfalls reduzieren? Sollte Letzteres der Fall sein, dürfte das die Sichtbarkeit vieler Marken und Artikel von Marktplatzanbietern steigern. Bleiben wir daher gespannt, ob—und wenn ja, welche—Eigenmarkenartikel zukünftig auch von den europäischen Marktplätzen verschwinden und welche Auswirkungen dies zur Folge haben wird.