Die Amazon Accelerate 2024 fand dieses Jahr bereits zum fünften Mal statt. Bei mehr als 4.000 Teilnehmern vor Ort in Seattle und weiteren Tausenden online wird deutlich, wie wichtig die Konferenz für den Austausch zwischen Amazon und seinen Sellern geworden ist.
Auf der diesjährigen Veranstaltung stellte Amazon wieder viele Innovationen vor, von der Lieferung per Drohne über neue Tools zur Verbesserung der Datennutzung bis hin zu den neusten KI-Entwicklungen, welche die „Amazon Experience“ sowohl auf Seller- als auch auf Käuferseite verändern werden. Vieles davon klingt auf den ersten Blick vielversprechend, doch die Frage bleibt: Was bedeutet das letztlich konkret für Seller? Werden diese neuen (KI-)Tools Amazon-Sellern das Leben der tatsächlich wesentlich erleichtern?
Verbesserte Nutzung von Daten
Ein zentrales Thema der Konferenz war die verbesserte Verfügbarkeit und Nutzung von Daten für Seller. Amazon generiert und sammelt Unmengen an Daten, egal in welchem Bereich. Relevante Daten zu finden und zu wissen, wie man diese auswertet und effizient nutzt, ist allerdings eine Wissenschaft für sich. Viele Seller (und manche Amazon-Mitarbeiter) finden sich in Amazons Datendschungel kaum zurecht. Die meisten Seller sind daher auf SaaS-Tools von externen Drittanbietern oder die Unterstützung von Agenturen und Beratern angewiesen. Die Drittanbieter-Tools helfen beispielsweise dabei, aus der vorhandenen Fülle an Daten wertvolle Insights zu ziehen und Seller so bei Geschäftsentscheidungen zu unterstützen.
Auf der Accelerate hat Amazon jetzt angekündigt, den Zugriff auf wichtige Daten und Informationen nicht nur weiter auszubauen, sondern auch zu vereinfachen. Dazu wird Seller Central derzeit hinter den Kulissen grundlegend überarbeitet. Beispielsweise hat Amazon ein neues, personalisierbares Dashboard entwickelt und arbeitet an einer verbesserten Datenstruktur. Für Seller bedeutet das, dass sie in Zukunft auf Seller Central alle wichtigen Informationen finden und auswerten könnten, ohne auf Drittanbieter-Tools angewiesen zu sein. Zumindest in der Theorie. Werden diese also bald schon der Vergangenheit angehören? Wie bei so vielem, was Amazon gerne hochtrabend ankündigt, wird es letztlich davon abhängen, wie gut die Umsetzung gelingt.

Something something AI…Project Amelia und Co.
Das Thema künstliche Intelligenz (KI) nimmt überall eine immer größere Rolle ein. Natürlich auch auf der Amazon Accelerate. Amazon arbeitet derzeit an der Entwicklung vieler neuer KI-Tools. Eines der wichtigsten KI-Projekte für Seller: „Project Amelia“. Als KI-basierter Assistent soll der Chatbot Amelia Sellern zukünftig zur Seite stehen. Amelia (übrigens nach dem Amazon-Gebäude benannt, in dem das Tool entwickelt wird) soll Fragen zu Seller Central, zum Account-Management und zur Verbesserung der Verkäuferleistung beantworten sowie auf Wunsch detaillierte Metriken in Echtzeit erstellen können.
Auf diese Weise soll Amelia den Sellern helfen, ihren Account und ihre Produkte zu optimieren und ihre Verkäuferleistung zu steigern. Zudem soll Amelia als erste Anlaufstelle dienen, wenn es um Account-Fragen oder Probleme mit der Verkäuferleistung geht, bevor der menschliche Support eingeschaltet wird. Richtig trainiert, könnte Amelia Seller zukünftig sicherlich entlasten: Keine langen Wartezeiten auf Antworten des Sellers Supports und keine komplizierten E-Mail-Schleifen mehr. Stattdessen sofortige, konkrete und präzise Antworten. Klingt erst mal gut, oder?
Allerdings: Die Beta-Version von Project Amelia wurde am 17. September 2024 (und somit pünktlich zur Accelerate) gelauncht und ist derzeit nur für ausgewählte Seller in den USA verfügbar. Bis das Tool so ausgereift ist, dass es Sellern eine echte Hilfe ist, wird es wohl noch einige Zeit dauern. Das zeigt sich auch an „Project Rufus“, Amelias Pendant auf Käuferseite. Der KI-Shopping Assistent ist bereits seit Anfang des Jahres in der Beta-Version auf dem US-Marktplatz verfügbar. Wir haben Rufus kürzlich getestet und festgestellt, dass der Chatbot bisher jedoch (noch) keine große Hilfe beim Shoppen auf Amazon ist.

Unklar ist auch, wann Project Amelia außerhalb der USA und in anderen Sprachen als Englisch verfügbar sein wird. Für Amazon macht es aus Kosten- und Effizienzgründen trotzdem absolut Sinn, langfristig auf ein Tool wie Amelia zu setzen, um den Support für seine Seller zu verbessern. Einige Seller befürchten jedoch, dass Amazon mit der Einführung von Amelia seinen menschlichen Seller Support reduzieren wird, anstatt diesen – wie seit Jahren gefordert – auszubauen.
Specialist Seller Support – echte Hilfe bei Eskalationen?
Derartigen Befürchtungen tritt Amazon mit einer weiteren Ankündigung entgegen: Ein neuer „Specialist Seller Support“ soll als erweiterte Stufe des regulären Seller Supports Händlern verbesserte Eskalationsmöglichkeiten bieten. In den USA wurde der „Specialist Support“ bereits ausgerollt und getestet. Auch hier bleibt abzuwarten, wann dieser Support außerhalb der USA verfügbar sein wird – und ob er tatsächlich hält, was er verspricht.

„Wir hören euch zu“
Amazon hat die Amazon Accelerate 2024 genutzt, um seinen Sellern immer wieder zu zeigen, dass deren Anliegen und Probleme ernst genommen werden. Die klare Botschaft: „Sprecht uns an. Redet mit uns. Gebt uns Feedback. Wir hören euch zu und nehmen eure Anliegen ernst.“ Das ist auch wichtig, denn immer mehr Seller sind inzwischen so frustriert, dass sie Amazon den Rücken kehren und drohen, auf andere Online-Plattformen abzuwandern. Und das kann Amazon sich nicht leisten (mehr dazu in diesem Artikel).
Die Amazon Accelerate ist die weltweit einzige Veranstaltung ihrer Art. Und obwohl sie in erster Linie auf den US-Marktplatz fokussiert ist, lohnt sich die Teilnahme für europäische Seller dennoch, sowohl online als auch live vor Ort. Besonders die persönlichen Einzelgespräche, die teilnehmende Seller in Seattle buchen können, bieten eine gute Gelegenheit, mit Amazon-Mitarbeitern in direkten Kontakt zu treten und individuelle Probleme persönlich zu besprechen. Schade, dass diese Möglichkeit nicht auch den Online-Teilnehmern zur Verfügung steht. Aber vielleicht können wir ja auch darüber noch mal mit Amazon reden?