Lieferungen innerhalb einer Stunde. Dieses Versprechen strebt Amazon schon lange an. Jetzt ist es Realität, zumindest in einigen Orten wie dem kalifornischen Lockeford und College Station in Texas. Denn hier werden Amazon-Kund:innen neuerdings testweise per Drohne beliefert.
An der Entwicklung von „Amazon Prime Air“, Amazons Lieferservice per Drohne, arbeitet der Online-Konzern bereits seit rund einer Dekade. Im Jahr 2013 stellte Jeff Bezos im Rahmen der Sendung 60 Minutes des US-Fernsehsenders CBS erstmals eine Octocopter-Drohne als Prototypen für diese Art der Last-Mile-Zustellung vor und erklärte seine Ambitionen, damit Lieferungen in vielen Regionen in unter einer Stunde zu ermöglichen. Seither hat Amazon permanent an der technischen Weiterentwicklung der Drohnen getüftelt, um die Zustellung präzise und vor allem sicher gestalten zu können. Dazu sind die Drohnen zum Beispiel mit Sensoren ausgestattet, welche Hindernisse automatisch erkennen, einordnen und entsprechend reagieren können.
Im Dezember 2016 erfolgte der erste öffentliche Test in England, wo die Regularien für Drohnenflüge weniger streng sind als in den USA: Einem Kunden in Cambridge wurden innerhalb von nur 13 Minuten ab Bestellung ein TV-Videostreaming-Stick und eine Tüte Popcorn mit einer Drohne an seine Haustür geliefert. Im August letzten Jahres erhielt Amazon dann die Erlaubnis der US-Luftfahrtbehörde Federal Aviation Authority (FAA), Drohnen mit einer maximalen Traglast von 2,3 Kilogramm (= 5,0 Pfund) fliegen zu dürfen. Mit dieser Erlaubnis in der Tasche hat Amazon mit dem Testen der Drohnenlieferungen an seine Kund:innen in Lockeford und College Station begonnen. Die Einwohner dieser Städte können sich hierzu auf Amazon für die Lieferung per Drohne registrieren.
Einschränkungen und Regularien
Bei der Zustellung der Drohne spekuliert Amazon nicht nur auf eine schnelle, sondern auch kostengünstige und umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Transportmethoden auf der letzten Meile. Doch wie realistisch ist eine flächendeckende und langfristige Umsetzung der Drohnenlieferung wirklich? Die maximale Traglast von 2,3 Kilogramm dürfte Amazon und viele seiner Marktplatzhändler wenig stören, denn darunter fallen rund 90 % der täglichen Online-Bestellungen. Jedoch gibt es je nach Land unterschiedliche Regularien für Drohnenflüge. Vor allem Wind, Wetter und Sicht spielen dabei eine Rolle, aber auch Flughöhe, Drohnengewicht und Vorgaben bezüglich des Überfliegens von Wohngebieten und Verkehrswegen. In Deutschland ist laut Drohnenverordnung zudem eine Haftpflichtversicherung für jede Drohne erforderlich. Man kann davon ausgehen, dass Amazon anstrebt, individuelle Regelungen mit den Behörden der jeweiligen Länder auszuhandeln, was für den Erfolg von Amazon Prime Air eine wichtige Rolle spielen wird.
Bereitschaft der Kund:innen
Amazon ist nicht der einzige Onlinehändler, der seinen Lieferservice mithilfe von Drohnen revolutionieren will. Walmart zum Beispiel gab kürzlich bekannt, im Jahr 2022 mehr als 6,000 Zustellungen per Drohne in sieben US-Bundestaaten jeweils innerhalb von 30 Minuten durchgeführt zu haben. Unter den beliebtesten Artikeln dieser unverzüglichen Zustellung: Speiseeis. „Wir sind von der positiven Resonanz der Kund:innen ermutigt und freuen uns darauf, im Jahr 2023 noch weitere Fortschritte zu machen“, sagt Vik Gopalakrishnan, Vice President, Innovation & Automation von Walmart U.S. Er spricht damit eine weitere wichtige Bedingung für den langfristigen Erfolg der Lieferung per Drohne an: die Bereitschaft der Kund:innen. Während sich diese in den USA positiv abzeichnet, herrscht in Deutschland einer Statista-Umfrage aus dem Jahr 2020 zufolge Skepsis gegenüber dem Einsatz von Drohnen zur Lieferung von Online-Bestellungen. Hier wird Amazon noch Überzeugungsarbeit leisten müssen, um Amazon Prime Air auf dem deutschen Markt erfolgreich zu etablieren.