Kurz vor Jahresende macht Amazon noch einmal auf sich aufmerksam, und zwar mit einer Innovation: Amazon Science gab kürzlich bekannt, derzeit ein neues Verfahren zu entwickeln, um langfristig auf den Einsatz von Strichcodes verzichten zu können. Ein kamerabasiertes Verfahren namens „Multimodal Identification“ (MMID) soll die Nutzung von Strichcodes zur Identifizierung und Zustellung von Artikeln zukünftig ersetzen. Doch wie genau funktioniert diese neue Methode und warum geht Amazon diesen Schritt?
Warum Amazon Strichcodes abschaffen will
Seit etwa 50 Jahren sind Strichcodes in Gebrauch und galten seither auf dem Weg von Artikeln zu ihren Käufer:innen als nahezu unersetzlich: Sowohl in den Logistikzentren als auch bei der Zustellung an die Kund:innen werden Strichcodes immer wieder genutzt, um sicherzustellen, dass bestellte Artikel auch tatsächlich pünktlich und korrekt bei ihren Käufer:innen ankommen. Warum also sollte Amazon sich von dieser etablierten Methode verabschieden? „Der Strichcode wird seit fast 50 Jahren genutzt. Er ist allgegenwärtig und so gut wie unfehlbar. Für Amazon ist das nicht gut genug“, heißt es in der Ankündigung von Amazon Science. Denn ganz optimal ist das System mit den Strichcodes nicht. Um diese scannen zu können, müssen Mitarbeiter:innern bzw. Roboter jedes einzelne Produkt zunächst manuell nach seinem Strichcode absuchen. Das ist zeitaufwendig. Zudem sind die Strichcodes manchmal unleserlich, beschädigt oder fehlen komplett, was zu Problemen bei der Zustellung führen kann. Letztlich wird das neue MMID-Verfahren sicherlich Mitarbeiter:innen einsparen, denn das händische Scannen der Strichcodes wird damit obsolet. Kurzum, Amazon erhofft sich durch das neue System eine schnellere, genauere und langfristig kostengünstigere Lösung.
Wie funktioniert MMID?
Bei dem MMID-Verfahren, das übrigens von Amazons Computer Vision Group in Berlin entwickelt worden ist, erfolgt die Identifizierung von Artikeln mithilfe von Kameras, welche sämtliche Artikel auf den Förderbändern in den Logistikzentren fotografieren. Auf diese Weise wird eine Art „Fingerabdruck“ eines jeden Artikels erstellt, da jeder Artikel durch das Zusammenspiel von Größe, Umfang, Textaufdruck und anderen visuellen Merkmalen wie Farben und Formen einzigartig ist. Dieser „Fingerabdruck“ wird in einer Datenbank gespeichert. So wird kontinuierlich ein Algorithmus trainiert, der die Artikel auf den Förderbändern mit den gespeicherten „Fingerabdrücken“ abgleicht. Diese Methode kommt aktuell bereits in den Logistikzentren in Barcelona und Hamburg zum Einsatz und soll Amazon zufolge mittlerweile eine Genauigkeit von 99 % erreicht haben.
Auf lange Sicht gesehen soll das MMID-Verfahren mit dem Einsatz von Robotern kombiniert und im gesamten Fulfillment-Prozess eingesetzt werden: „Die Vision, MMID im gesamten Fulfillment-Prozess einzusetzen, roboterbasierte Automatisierung schneller zu machen und zu ermöglichen, wird umgesetzt werden“, so Nontas Antonakos, Applied Science Manager bei der Amazon Computervision Group in Berlin. „Und wenn es so weit ist, wird es ein weiterer Schritt auf unserem Weg sein, Pakete schneller und genauer an die Kund:innen zu liefern.“