Jahresrückblick 2022: Der Onlinehandel in herausfordernden Zeiten

Der Rückblick auf das Jahr 2022, und insbesondere auf das vierte Quartal und das damit verbundene Weihnachtsgeschäft, bestätigt das herausfordernde Bild, das sich bereits zuvor für den deutschen Onlinehandel abzeichnete. Die zahlreichen Krisen ließen die Inflationsrate im vergangenen Jahr erstmals seit Jahrzehnten in den zweistelligen Bereich steigen. Die damit verbundene Unsicherheit der Konsument:innen bekam auch der deutsche Onlinehandel zu spüren. Einer Studie des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) zufolge musste dieser im Zeitraum vom 01. Oktober bis 30. November 2022—also inklusive der prominenten Schnäppchentage rund um Black Friday und Cyber Monday sowie Amazons „Prime Early Access Sale“—ein Umsatzminus von rund 17 % im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen. Und das, obwohl die Konsument:innen die vorweihnachtliche Schnäppchenzeit laut einer Umfrage von BearingPoint in Zusammenarbeit mit dem Institut für Internationales Handels- und Distributionsmanagement (IIHD) in diesem Jahr besonders für ihre Weihnachtseinkäufe nutzten. Demnach wurden im vergangenen Jahr fast 65 % des Weihnachtsbudgets bereits bis zum ersten Adventssamstag ausgegeben.

„Etwaige Hoffnungen auf das Weihnachtsgeschäft können sich nicht bewahrheiten. Auch deshalb werden wir für das Gesamtjahr ein Minus im Online-Versandhandel verzeichnen“, sagte Martin Groß-Albenhausen, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BEVH in einer Pressemitteilung des Verbands. „Die Branche kann der doppelten Belastung aus einem durch den Corona-Lockdown besonders starken Vorjahresumsatz und der allgemeinen Konsumflaute wenig entgegensetzen. Insbesondere Bekleidung und Unterhaltungselektronik brechen ein, obwohl letztere normalerweise eine starke Warenkategorie in der Cyberweek und dem Weihnachtsquartal ist.

Detaillierte Umsatzveränderungen nach Warenclustern. (Quelle: BEDH 2022)
Detaillierte Umsatzveränderungen nach Warenclustern. Basisjahr: 2022 (Quelle: BEVH 2022)

Onlinehandel erfolgreicher als stationärer Handel –
Online-Marktplätze erfolgreicher als Multichannel-Anbieter

Der Umsatzrückgang gegenüber dem Vorjahr überrascht nicht, wenn man sich vor Augen führt, dass das Budget für Weihnachtsgeschenke laut der BearingPoint-Umfrage im Vergleich zum Vorjahr um 40 % auf 300 Euro gesunken ist (dies entspricht dem Niveau von 2016). Allerdings schnitt der Onlinehandel vor diesem Hintergrund besser ab als der stationäre Einzelhandel. Obwohl das Vorjahresniveau nicht erreicht werden konnte, hat sich gezeigt, dass der Einkaufstrend auch nach den pandemiebedingten Lockdowns weithin zum Online-Shopping geht.

Die Verluste des stationären Einzelhandels gegenüber dem Onlinehandel spiegeln sich zudem in den Umsatzzahlen der Online-Marktplätze gegenüber denen der Multichannel-Anbieter wider, die ihre Artikel sowohl stationär als auch online anbieten: Vorherigen Prognosen zuwider mussten letztere ein Umsatzminus von beinahe 30 % gegenüber dem Vorjahr hinnehmen, während das Umsatzminus der Online-Marktplätze unter der 10 %-Marke blieb.

Detaillierte Umsatzveränderungen nach Warenclustern. Basisjahr: 2022 (Quelle: BEVH 2022)

Fazit

Die weltweiten Krisen, die Inflation und das Ende der Corona-Lockdowns stellten den Onlinehandel im Jahr 2022 vor besondere Herausforderungen. Die daraus resultierenden Umsatzeinbußen konnten auch durch das Weihnachtsgeschäft nicht in dem Maße abgefedert werden, wie man es sich erhofft hatte. Dennoch zeigte sich der Onlinehandel insgesamt gesehen vor dem Hintergrund der zahlreichen Herausforderungen stabil, besonders im Vergleich zum stationären Einzelhandel. Ein Blick in die USA unterstreicht dieses Bild: Mehr als eine Billion US-Dollar erwirtschaftete der US-Onlinehandel im Jahr 2022, wie Marketplace Pulse in seinem Jahresbericht „Year in Review“ hervorhebt—eine Kennzahl, die vor der Pandemie erst für das Jahr 2024 vorausgesagt wurde.