Marken- und Produktfälschungen, Betrug und andere kriminelle Aktivitäten auf dem Amazon Marktplatz sind für den Konzern ein riesiges Problem. Denn kriminellen Akteuren—sogenannten „Black Hats“—gelingt es immer wieder, sich als Seller auf der Plattform zu registrieren, um Fälschungen und minderwertige Waren zu verkaufen, Listings ehrlicher Marken und Online-Händler zu manipulieren und Buyboxen zu kapern.
Seit einigen Jahren geht Amazon aktiv gegen die kriminellen Machenschaften auf seiner Verkaufsplattform vor. Nicht zuletzt aufgrund des steigenden Drucks seitens der Politik, der Kund:innen und der Seller, die durch die Aktivitäten der Black Hats nicht nur enorme Umsätze verlieren, sondern auch das Vertrauen ihrer Kund:innen.
Amazon Brand Protection Report 2022 veröffentlicht
Was Amazon im vergangenen Jahr konkret gegen Fälscherei und Betrug auf seinem Online-Marktplatz getan hat, geht aus seinem kürzlich veröffentlichten Brand Protection Report (deutsch: Markenschutzbericht) hervor. Dem Bericht zufolge investierte Amazon im Jahr 2022 mehr als 1,2 Milliarden Dollar und mehr als 15.000 Mitarbeiter:innen in den Schutz von Marken und Produkten auf dem Online-Marktplatz. Machine Learning Technologien, spezielle Software Tools und die eigens gegründete Experteneinheit „Counterfeit Crimes Unit“ (CCU), die aus Expert:innen für Cyberkriminalität, Datenanalysten und Ex-FBI-Agenten besteht, sollen den Konzern im Kampf gegen Fälschung und Betrug unterstützen.
„Im Jahr 2022 haben wir über 800.000 Versuche, neue Verkaufskonten einzurichten, gestoppt und so verhindert, dass kriminelle Akteure auch nur ein einziges Produkt zum Verkauf veröffentlichen—gegenüber 2,5 Millionen Versuchen im Jahr 2021 und 6 Millionen Versuchen im Jahr 2020“, erklärt Dharmesh Mehta, Vice President, Worldwide Selling Partner Services.
Trotz dieser beachtlichen Fortschritte schaffen es Black Hats immer wieder, Amazons Authentifizierungsprozess als vermeintlich ehrliche Seller erfolgreich zu durchlaufen. Es ist zu vermuten, dass es sich dabei oftmals um organisierte Kriminalität handelt und hinter vielen Black Hats tatsächlich nur wenige Akteure stecken.
Wie Seller sich selbst schützen können
Dem Bericht zufolge hat Amazon im letzten Jahr zudem seine Markenschutzprogramme ausgebaut, gleichzeitig ist die Anzahl der von Sellern gemeldeten Marken-, Urheber-, Patent- und anderweitigen Verstöße um über 35% zurückgegangen.
Um ihre Marken zu schützen, Verstöße zu melden und diesen nachgehen zu können, sollten sich Verkäufer, die eingetragene Marken auf der Verkaufsplattform vertreiben, bei Amazon Brand Registry registrieren. Über weitere Markenschutzprogramme wie „Transparency“ und „Project Zero“ können Marken zudem eindeutige und sichere Codes zur Identifizierung einzelner Einheiten verwenden, damit Fälschungen frühzeitig erkannt und die Auslieferung gefälschter Produkte an Kund:innen verhindert werden können. In Zusammenarbeit mit Amazons Counterfeit Crimes Unit und lokalen Behörden können betroffene Marken und Händler schließlich aktiv dazu beitragen, kriminellen Akteuren das Handwerk zu legen.
Regelmäßiges Monitoring der eigenen Listings
Damit all diese Maßnahmen Erfolg haben können, ist zunächst aber eines wichtig: ein regelmäßiges Monitoring der eigenen Listings. Dabei sollten Seller auf folgende Aspekte achten:
- Gibt es andere, mir unbekannte Seller auf einem meiner Listings?
- Hat sich jemand an eine meiner Varianten gehängt, insbesondere mit einem Kind-Artikel, der gar nicht zur Variante gehört?
- Versucht jemand, etwas an einem meiner Listings zu überschreiben, insbesondere den Markennamen oder den Titel?
Die Überprüfung ist bei kleineren Sortimenten manuell möglich, es gibt aber inzwischen eine Reihe an automatisierten Monitoring-Tools, die Seller bei eventuellen Änderungen (Achtung: diese müssen nicht zwangsweise krimineller Art sein!) per E-Mail oder SMS warnen. Dazu gehören beispielsweise Bindwise, Helium10 oder Sellerboard.
Durch regelmäßiges Monitoring der eigenen Listings können Seller frühzeitig erkennen, wenn Black Hats im eigenen Namen Fälschungen vertreiben oder die eigenen Listings zu ihrem Vorteil missbrauchen, um beispielsweise von der Sichtbarkeit und den Bewertungen zu profitieren. Im nächsten Schritt können diese Verstöße dann über Brand Registry gemeldet werden, damit Amazon dagegen vorgehen kann. Und auch wenn der Prozess der Meldung eines Verstoßes noch viel Verbesserungspotenzial hat: Der Kampf gegen Fälscherei und Betrug kann letztlich nur gelingen, wenn Marken bzw. Seller und Amazon aktiv zusammenarbeiten.