„Alexa, bestell bitte Katzenfutter“

Nutzen Sie Voice Commerce – als Seller oder als Kund:in? Oder klingt es für Sie eher nach Buzzword als nach vielversprechendem Zukunftstrend?

Die Zahlen zeigen: Mit der wachsenden Verbreitung von Sprachassistenten wie Alexa, Siri und Co., der technischen Reife von KI-Systemen und den veränderten Medien- und Konsumgewohnheiten, gerade der jüngeren und tech-affinen Generationen, gewinnt Voice Commerce zunehmend an Bedeutung.

Was ist Voice Commerce eigentlich?

Mit Voice Commerce – in Anlehnung an den Begriff E-Commerce (kurz für Electronic Commerce) auch V-Commerce genannt – können Kund:innen Bestellungen einfach per Sprachbefehl aufgeben, ohne dafür eine App öffnen oder gar einen PC in die Hand nehmen zu müssen. Ein Sprachbefehl auf dem Handy oder Smart Speaker genügt: „Alexa, bestell doch bitte mal Katzenfutter.“

Amazon ist – welche Überraschung – auch hier ein First Mover und bringt die Entwicklung des Voice Commerce strategisch voran. Das Motiv dahinter ist klar: Amazon will unersetzlicher Teil unseres Alltags sein. Und dazu gehört eben auch ein möglichst reibungsloser Einkauf, der sich nahtlos in diesen Alltag einfügt.

Wann Sprache verkauft – und wann nicht

Voice-Commerce macht das Einkaufserlebnis also so einfach wie nie zuvor. Und laut der Monitor Deloitte-Studie „Beyond Touch: Voice Commerce 2030“ wird sprachbasiertes Shopping nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland immer beliebter:

  • 37 % aller in Deutschland Befragten haben bereits per Sprachassistent eingekauft – Tendenz steigend.

Dabei hängt die Nutzung stark vom Alter und vom Vertrauensgrad ab:

  • 50 % der 25- bis 34-Jährigen können sich vorstellen, in den nächsten 12 Monaten Voice Commerce zu nutzen. Während die jüngeren Zielgruppen experimentierfreudiger sind, erwarten ältere Kund:innen vor allem verlässliche Vorschläge, denen sie vertrauen können.

Vertrauen, Komfort und Wiedererkennung spielen der Studie zufolge die wichtigste Rolle beim sprachbasierten Einkauf. Nicht verwunderlich, wenn wir einen Blick auf die Entwicklung des Einkaufens werfen: Das ursprüngliche Einkaufserlebnis, bei dem ich in den Laden gehe und meine Wunschobjekte nicht nur ansehen, sondern auch befühlen kann, ist durch den E-Commerce revolutioniert worden. Statt realer, haptischer Erlebnisse geraten hier die visuelle Aufbereitung des Angebots sowie Produktbeschreibungen und Meinungen anderer Kund:innen in den Vordergrund des Entscheidungsprozesses. E-Commerce bietet mehr Komfort (jederzeit und bequem vom Sofa aus) als stationärer Handel, aber das Vertrauen muss auf andere Weise als bisher erfolgen (z.B. durch Produktrezensionen).

Beim Voice Commerce fällt nun auch noch die visuelle Komponente weg. Das bietet auf der einen Seite noch mehr Komfort (einfache Sprachbefehle statt Handy zücken, App öffnen und Produktsuche starten), auf der anderen Seite muss das Vertrauen auf andere Weise ausgeglichen werden, denn ich sehe die Angebote nicht einmal mehr mit meinen eigenen Augen. Wiedererkennung wird daher umso wichtiger: Produkte, die ich bereits kenne, muss ich nicht noch einmal überprüfen.

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Chancen und Herausforderungen für Amazon-Seller

Vertrauen, Komfort und Wiedererkennung als entscheidende Faktoren kommen Amazon mit seiner unumstößlichen Kundenobsession zugute, denn genau diese Werte lebt Amazon seit der ersten Stunde. Zudem verfügt Amazon über drei entscheidende Dinge:

  1. Kundenzugang via Alexa und Echo: Amazon selbst spricht von mehr als einer halben Milliarde Alexa-fähigen verkauften Geräten weltweit (2023)
  2. Die notwendige Infrastruktur: ein riesiger Katalog, FBA, das Amazon‘s Choice-Badge („Amazons Tipp“)
  3. Marktdominanz bei Artikeln des alltäglichen Bedarfs

Als Seller müssen Sie allerdings ein paar Dinge beachten, wenn Sie ins Voice Commerce-Geschäft einsteigen wollen:

Zuallererst ist es wichtig abzuwägen, ob sich Ihr Produkt überhaupt für Voice Commerce eignet. Denn Voice Commerce funktioniert am besten, wenn der Entscheidungsprozess entweder minimal oder bereits abgeschlossen ist (Stichworte Vertrauen und Wiedererkennung, evtl. auch Markenloyalität). Dazu gehören Routine-Käufe und Nachbestellungen, wie zum Beispiel Katzenfutter und andere „low involvement“-Produkte wie Küchenrolle, Batterien oder Zahnpasta. Die meisten Nutzer:innen greifen dabei auf frühere Käufe zurück oder lassen sich Produkte mit dem Amazon’s Choice-Badge vorschlagen. Was sich dagegen nur schwer über Voice Commerce verkaufen lässt, sind brandneue, erklärungsbedürftige oder teure Produkte.

Ein Produkt eignet sich generell für den Voice Commerce?
Dann helfen folgende Überlegungen:

  • Prime-Status: Grundvoraussetzung für den Verkauf über Voice ist, dass das Produkt Prime-fähig ist, also über FBA oder Seller-Fulfilled Prime angeboten wird.
  • Keywords und auch Füllwörter, die an gesprochene Sprache angepasst sind: Gesprochene Sprache („Alexa, ich brauche Geschirrspültabs“) klingt anders als eine geschriebene Textsuche in der Amazon App („spültabs spülmaschine“).
  • Verkaufszahlen und Bewertungen: Diese sind auch im Voice Commerce wichtig, denn was oft und erfolgreich gekauft wird, wird von Alexa – bzw. dem Amazon-Algorithmus – als relevant eingestuft und folglich vorgeschlagen.
  • Amazon’s Choice: Artikel mit diesem Badge werden von Alexa besonders häufig vorgeschlagen
  • Strukturierte Produktinformationen und A+ Content: Sorgfältig ausgearbeitete Produktbeschreibungen und FAQ-Bereiche können helfen, ein Produkt im Voice-Ranking zu platzieren.

Fazit

Buzzword oder Zukunftstrend? Zumindest ist Voice Commerce ein weiterer Verkaufsanal, der auch in Deutschland zunehmend genutzt wird. Und Amazon hat mit seinen – oder besser: wegen seiner – kundenzentrierten Werte(n) gute Chancen, sich auf diesem Feld als Big Player zu etablieren.

Denn Vertrauen, Komfort und Wiedererkennung sind die Grundlage dafür, dass Kund:innen sich beim Voice-Shopping gut und sicher fühlen. Seller, die Produkte des alltäglichen Bedarfs und geringer Erklärungsnot anbieten, können vom Voice Commerce schon heute profitieren, wenn sie ihre Verkaufsstrategien gezielt anpassen. Für Anbieter von komplexen, hochpreisigen oder beratungsintensiven Produkten bleibt Voice Commerce (vorerst) ein ungeeigneter Kanal.

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