Warum ich mich für die Umsatzsteuer in Großbritannien registriere

(obwohl ich gar nicht in Großbritannien verkaufe)

Amazons Bürokratie kennt keine Grenzen.

Als der Brexit zum 31. Januar 2020 offiziell wurde, musste Amazon notgedrungen seine Logistik umstellen. Bis dahin konnten Seller problemlos Artikel aus Deutschland mit FBA in alle EU-Länder – auch Großbritannien – versenden.

Schon damals mussten Händler, die Ware außerhalb von Deutschland lagern, sich für eine Umsatzsteuer-ID im entsprechenden Land registrieren, um den dortigen (Umsatz-)Steuerpflichten nachzukommen. Dies betraf bzw. betrifft beispielsweise deutsche Händler, die Ware in Polen und / oder der Tschechischen Republik lagern, um vergünstigte FBA-Konditionen zu nutzen. Wer nur in Deutschland lagert, zahlt bekanntlich mehr.

Ein Beispiel: Eine Käuferin aus Frankreich bestellt auf amazon.de. Der Seller aus Deutschland lässt den bestellten Artikel über FBA aus Deutschland an diese Käuferin senden. Er unterliegt somit keinen besonderen Umsatzsteuer-Regelungen, denn die Ware lagert ja in Deutschland. Sollte die Käuferin die Ware retournieren, wird die Rücksendung jedoch zunächst über ein Lager in Frankreich und von dort aus über Amazons Retourenlager in Polen und / oder der Tschechischen Republik geschleust, bis sie letztlich wieder in ein deutsches Warenlager eingebucht oder an den Seller remissioniert wird. Logistisch ist es anders nicht möglich, denn sonst müssten Käuferinnen und Käufer aus dem Ausland direkt nach Deutschland senden. Kurzum: Ware wird immer mal wieder im Ausland zwischengelagert, aber die Zwischenlagerung allein löst noch keine Umsatzsteuerpflichten im Land aus.

Etwas in dieser Art passierte mir mit vier einzelnen Einheiten verschiedener Produkte: Es handelte sich um Artikel, die als Retoure in Großbritannien zwischengelagert wurden und die Amazon nicht proaktiv zurück in die EU geleitet hatte, obwohl der Brexit absehbar war.

Mehrere Jahre gehen ins Land…

Im Mai 2024 erhielt ich die Benachrichtigung, dass mein UK-Seller-Account gesperrt wurde, da ich keine Umsatzsteuer-ID für Großbritannien hinterlegt hatte. Ich dachte mir nichts dabei, denn seit dem Brexit verkaufe ich, wie so viele Amazon-Seller, nicht mehr in Großbritannien.

Im Juni 2025 fielen mir plötzlich unerklärliche FBA-Lagergebühren auf. Da immer mal wieder ominöse FBA-Gebühren auftauchen, dachte ich mir wiederum nichts dabei und winkte es aus Zeitmangel vom Tisch. Ein paar Tage später schaute ich dann doch genauer hin und stellte fest, dass es sich um Langzeitlagergebühren für Artikel handelte, die seit Jahren in Großbritannien lagerten: eben jene oben erwähnten vier Einheiten.

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Kein Problem, dachte ich. Eigentlich wäre es ja Amazons Job gewesen, solche Restbestände in die EU zu verlagern, aber OK, dann mache ich es halt selbst.

Fehlanzeige. Ein gesperrter Seller-Account kann nichts tun. Auch keine Remissionen für FBA-Lagerbestand erstellen. Ich hatte also zwei Möglichkeiten: Entweder für den Rest meines Lebens Langzeitlagergebühren* zahlen oder den Seller-Account entsperren.

Ich entschied mich für Letzteres und reichte Widersprüche ein. Doch Amazon ließ sich nicht erweichen und bestand darauf, dass der Grund für die Sperrung beseitigt werden müsse: die fehlende Umsatzsteuer-ID. Diese sei zwingend notwendig, wenn Lagerbestand im jeweiligen Land lagert. Selbst wenn dieser Lagerbestand gar nicht in meiner Verantwortung liegt. Und so beißt sich die Katze ad-infinitum in den Schwanz.

Raten Sie mal, was ich jetzt tue.

UK VAT registration application

Fazit

Mit Amazon lässt sich nicht verhandeln, es sei denn, man geht über Anwälte. Wenn der Workflow nur einen einzigen Weg erlaubt, dann muss man sich als Seller entscheiden, ob man diesen Weg zähneknirschend geht – oder mit den Konsequenzen leben kann (oder will). Wieder einmal zeigt sich: Auf Amazon sollte nur verkaufen, wer starke Nerven mitbringt.

Happy Selling!

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*Die Langzeitlagergebühren sind von geringfügiger Höhe; mir geht es ums Prinzip. Soviel Borniertheit muss sein.